101 Milliarden US‑Dollar an einem Tag – so viel legte das Vermögen von Larry Ellison am 10. September 2025 zu. Der 81‑jährige Oracle‑Mitgründer stand damit für einige Stunden an der Spitze der weltweiten Reichstenliste und überholte Elon Musk. Auslöser war ein Kursfeuerwerk der Oracle‑Aktie nach überraschend starken Quartalszahlen und dem Signal, in den kommenden Monaten weitere mehrmilliardenschwere Kunden zu gewinnen.

Solche Sprünge sind auf diesem Niveau selten. Oracle kletterte intraday um bis zu 43 Prozent – ein Zugewinn, der in dieser Größenordnung bei einem Konzern mit hunderten Milliarden Marktkapitalisierung fast nie vorkommt. Die Rally hob den Börsenwert bis auf 969 Milliarden US‑Dollar. Ellisons Anteil, rund 1,16 Milliarden Oracle‑Aktien, war am Hoch zu etwa 338 Dollar pro Aktie bewertet. Auf dem Papier summierte sich sein Vermögen kurzzeitig auf rund 393 Milliarden Dollar, während Musk zeitweise bei etwa 385 Milliarden stand. Am nächsten Morgen drehte die Rangfolge wieder: Musk lag laut Bloomberg Billionaires Index knapp eine Milliarde vorn – ein Fingerzeig darauf, wie volatil diese Listen sind, wenn Tech‑Aktien in Bewegung geraten.

Was den Sprung auslöste

Oracle lieferte Zahlen, die die Erwartungen deutlich übertrafen – und noch wichtiger: Der Ausblick klang nach Beschleunigung. Das Management stellte in Aussicht, in den kommenden Monaten mehrere neue Kundenverträge im Multimilliardenbereich zu unterzeichnen. An der Börse reichte diese Mischung aus klarer Ergebnisüberraschung und konkretem Wachstumssignal für einen Vertrauensschub – Anleger preisten ein, dass Oracle im Rennen um Infrastruktur für Cloud und KI stärker mitspielt, als viele bis vor Kurzem gedacht hatten.

Seit Jahren arbeitet der Konzern daran, seine Identität vom Lizenzverkäufer von Datenbanken hin zum Anbieter wiederkehrender Cloud‑Erlöse zu verschieben. Das ist kein einfacher Umbau: Er kostet Marge am Anfang, zwingt zu hohen Investitionen in Rechenzentren und fordert neue Partnerschaften. Doch genau davon profitiert Oracle gerade. Die Kapazitäten für rechenintensive KI‑Anwendungen sind knapp, die Nachfrage nach GPU‑Clustern und schnellen Datenbanken ist hoch. Unternehmen, die Milliarden in KI‑Projekte stecken, suchen verlässliche, skalierbare Infrastruktur – und sie wollen Zusagen über mehrere Jahre. In solchen Umfeldern entstehen großvolumige Verträge, die Investoren lieben, weil sie Sichtbarkeit schaffen.

Vor diesem Hintergrund liest sich auch die Kursreaktion: Eine 43‑prozentige Tagesbewegung in einer Tech‑Schwergewichtsklasse ist ein Ausreißer – aber sie ist ein Symptom dafür, dass der Markt eine Neubewertung vornimmt. Statt Oracle vor allem als reifen Anbieter mit soliden, aber begrenzten Wachstumsaussichten zu betrachten, preisen Investoren nun stärker das Szenario ein, dass die Firma eine zentrale Rolle in der nächsten Ausbaustufe des Cloud‑ und KI‑Stacks spielt. Dazu passen die vergangenen strategischen Schritte: der Ausbau eigener Rechenzentren, engere Verzahnung mit Partnern aus dem Hyperscaler‑Ökosystem und das Beharren darauf, dass Oracles Datenbank‑Technologie in vielen Unternehmensanwendungen eine Art Rückgrat bildet.

Die Größenordnung der Bewegung lässt sich an wenigen Kennzahlen ablesen:

  • +101 Milliarden US‑Dollar: geschätzter Vermögenszuwachs Ellisons an einem Tag – Rekord im Bloomberg Billionaires Index.
  • 43 Prozent: maximaler Tagesanstieg der Oracle‑Aktie nach Bekanntgabe der Quartalszahlen.
  • 969 Milliarden US‑Dollar: Spitzen‑Marktkapitalisierung von Oracle am Tag der Rally.
  • 338 US‑Dollar: Kurs pro Oracle‑Aktie am intraday‑Hoch; Ellison hält etwa 1,16 Milliarden Stück.

Das ist die Kursseite. Fundamental stellt sich die Frage: Kann Oracle diesen neuen Vertrauensvorschuss untermauern? Der Schlüssel liegt in der Fähigkeit, Kapazität schnell zu liefern und die Pipeline in Umsatz zu verwandeln. Großkundenverträge über mehrere Milliarden Dollar wirken wie ein Dammbruch – sobald ein paar dieser Deals sichtbar werden, verschiebt sich die Wahrnehmung bei anderen Entscheiderinnen und Entscheidern. Für Oracle spricht, dass das Unternehmen mit seiner Datenbank‑Basis in vielen Alt‑Systemen verankert ist. Wenn diese Systeme in KI‑Workloads überführt werden, ist die Eintrittsbarriere für Wettbewerber hoch.

Ein zweiter Aspekt: Planbarkeit. Investoren belohnen Anbieter, die wiederkehrende Umsätze und mehrjährige Abnahmeverpflichtungen kombinieren. Oracle hat seine Ausschüttungspolitik – regelmäßige Dividenden und Aktienrückkäufe – in den vergangenen Jahren als Stabilitätsanker genutzt. Diese Mischung aus defensiven Cashflows und zyklischen KI‑Chancen kommt an der Börse gut an, besonders in Phasen, in denen Zinsen hoch bleiben und die Auswahl an „sicheren“ Wachstumswerten begrenzt ist.

Was der Wettlauf der Superreichen verrät

Dass Musk die Spitzenposition schon am nächsten Morgen zurückholte, passt ins Muster. Die Ranglisten leben von Kursbewegungen – und Vermögen, das zu 90 Prozent aus Aktien besteht, ist nun einmal beweglich. Das gilt für Musk mit Tesla und seinen anderen Beteiligungen genauso wie für Ellison mit Oracle. Wer an der Börse vorne liegt, liegt es meist nur so lange, wie die eigene Aktie schneller steigt als die der Konkurrenz.

Der Bloomberg Billionaires Index zeigt diese Dynamik in Echtzeit. Laut dem aktuellen Stand führt Elon Musk wieder mit 436,1 Milliarden US‑Dollar, Ellison folgt mit 387,6 Milliarden. Dass Ellison in diesem Jahr überhaupt in Reichweite kam, ist schon bemerkenswert. Zu Jahresbeginn lag er noch auf Rang vier, dann zog er an Mark Zuckerberg vorbei – und an Jeff Bezos, der jetzt Vierter ist. Musk wiederum ist seit 2021 immer wieder vorn, verlor den Titel zwischendurch an Jeff Bezos und LVMH‑Chef Bernard Arnault, und er setzte mit einem Vermögen jenseits der 400‑Milliarden‑Marke eine Bestmarke.

Diese Wechsel an der Spitze sind mehr als Statistik. Sie erzählen eine Geschichte über die tektonischen Platten der Wirtschaft: Energie für die nächste Phase kommt aus zwei Richtungen – Software/Cloud/KI auf der einen, Elektromobilität/Automatisierung auf der anderen. Tesla ist für Musk ein Hebel auf die Hoffnungen rund um autonome Systeme und Robotaxis; die Bewertung schwankt mit jeder Schlagzeile zu Auslieferungen, Margen oder Software‑Meilensteinen. Oracle ist für Ellison der Hebel auf die Verlagerung von Unternehmens‑IT in die Cloud und auf KI‑Workloads, die ohne leistungsfähige Datenbanken und GPU‑Kapazität nicht laufen. Beides sind Wetten auf Zukunftsmärkte – aber mit sehr unterschiedlicher Risikostruktur.

Dazu kommt: „Vermögen“ in diesen Listen ist ein rechnerischer Wert. Es basiert auf Aktienkursen, Beteiligungen und Schätzungen privater Anteile. Verkauft wird davon selten etwas – es sind überwiegend unrealisierte Buchgewinne. Ein einzelner Handelstag kann Hunderte Milliarden an „Wert“ verschieben, ohne dass Geld die Besitzerin oder den Besitzer wechselt. Für die Öffentlichkeit ist das spektakulär, für die Betroffenen ist es Alltag. Wer so viel am Markt hat, lebt mit der Volatilität.

Was bedeutet das für Oracle? Kurzfristig steigt der Druck, die starken Worte mit harten Zahlen zu hinterlegen: konkrete Vertragsabschlüsse, belegbare Kapazität, stabile Margen. Mittel‑ bis langfristig entscheidet sich an der Lieferkette – sprich: Zugang zu Chips, Ausbau von Rechenzentren, Energieverträge – ob die Nachfrage in Umsatz umgemünzt werden kann. Der Markt verzeiht Fehltritte derzeit weniger denn je, weil jede große Tech‑Story mit KI begründet wird. Wer liefert, wird belohnt. Wer enttäuscht, verliert schnell an Glanz.

Und für Musk? Der Titel „reichster Mensch der Welt“ ist Bonus, aber nicht Kern. Entscheidend bleibt, wie sich Teslas Ertragssäulen entwickeln: die Automarge im Kerngeschäft, Software‑Erlöse, Fortschritte bei Fahrerassistenz und selbstfahrenden Funktionen. Jede Fortschrittsmeldung kann den Kurs drehen. Genau deshalb war der Abstand zwischen Musk und Ellison binnen 24 Stunden mal acht Milliarden in die eine, dann wieder eine Milliarde in die andere Richtung – an Tagen mit hoher Nachrichtenlage braucht es oft nur einen Impuls.

Ein Blick auf die Historie hilft bei der Einordnung. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Tage, an denen einzelne Tech‑Schwergewichte zweistellig zulegten – etwa nach Zahlen, die die Skepsis austrockneten, oder wenn ein neuer Geschäftsbereich sichtbar machte, welches Ertragspotenzial in ihm steckt. Aber eine Bewegung um über 40 Prozent bei einem Unternehmen, das knapp an der Billion grenzt, sticht heraus. Das zeigt, wie sehr die Börse Oracle in ein neues Licht rückt – nicht als Nischengewinner, sondern als möglichen Hauptdarsteller in einer Infrastruktur‑Erzählung, die noch Jahre spielen wird.

Die offenen Fragen bleiben spannend: Wie schnell kann Oracle Kapazität skalieren? Welche Branchen – von Gesundheit über Finanz bis zur öffentlichen Hand – unterschreiben als nächste große Kunden? Und wie tief verankert sich Oracle mit seinen Datenbank‑Diensten in Workflows, die KI‑Projekte überhaupt erst produktiv machen? Je mehr Antworten sichtbar werden, desto stabiler wird auch Ellisons Platz in der Spitzengruppe. Für den Moment hat die Börse ein Zeichen gesetzt: Wer in der KI‑Infrastruktur liefern kann, wird vom Markt mit Vorschusslorbeeren bezahlt – und die reichen, an einem Tag, bis in die Spitze der Milliardärs‑Rangliste.